Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit
Regie: Yulia Lokshina
Dieser Film läuft ausschließlich im Online-Festival.
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Inhalt
Corona sei Dank ist das Wegschauen vorüber: Im Juli 2020 steckten sich über 2.000 Männer und Frauen mit dem Virus an - alle vorwiegend aus Osteuropa, zusammengepfercht in Mietbaracken und mit Niedrigstlöhnen abgefrühstückt. Die Filmemacherin Yulia Lokshina hatte schon vorher ein Auge auf diese ruinösen Zustände. Ein Todesfall in einer Fleischfabrik in Sachsen-Anhalt 2017 ließ sie in die Materie einsteigen. Seitdem fing sie weitere Tragödien rund um diese Fleischwerke mit der Kamera ein. Es braucht keine Bilder aus dem Inneren dieser Ausbeuterstätten, das Unrecht wird vielmehr durch die Geschichten der ausgebeuteten Menschen deutlich. Die Verquickung mit den Proben zu einer Schulaufführen von Bertolt Brechts "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" von 1931 zeigt obendrein, wie alt das Problem schon ist - und wie schwer wir uns tun, es als unser Problem anzusehen.
Storyline
In 2020 the corona pandemic revealed how bad the conditions in German workshops of the meat processing industry are. Thousands of Eastern European contract workers became infected with the virus. Filmmaker Yulia Lokshina paid attention to the cruelty of their lives in a foreign country way before - from 2017 on, when a man from Poland died in an accident in a factory hall. Meanwhile a school class tries to comprehend these problems by rehearsing a play by Bertolt Brecht, "Saint Joan of the Stockyards", from 1931.
Über den Film
Feinfühlig, vom ersten Moment an fesselnd und vielschichtig öffnet der Film den Blick für ein großes Problem unserer Gesellschaft. Dabei lenkt er in einer dramaturgisch sich verdichtenden Erzählung unsere Aufmerksamkeit behutsam auf das, was niemand sehen will: Die beklagenswerte Zeitlosigkeit des kapitalistischen Ausbeutungssystems manifestiert sich auch mitten in unserer Gesellschaft. Ohne zu predigen setzt der Film auf Beobachtung, Empathie und intellektuelle Durchdringung der Thematik. Durch seine filmische Versuchsanordnung gelingt der Regisseurin ein ganz eigener Zugang, der das Publikum aufgewühlt zurücklässt.
Jurybegründung Max Ophüls Preis 2020
Der Film macht genau das, was Kino leisten muss: Er lässt Bilder im Kopf entstehen und nicht nur auf der Leinwand. Die Montage, der Blick der Kamera, die Musikgestaltung wirken dabei immer frei, spielerisch und überraschend. Es geht mit allen Mitteln immer gerade dorthin, wo der neugierige Prozess des Entdeckens eben hinführt. Der Film atmet. Und lebt. Und schwingt noch Tage später beim Spaziergang durch die Stadt mit. Er ist mutig und besonders. Man muss ihn einfach sehen.
Jurybegründung megaherz Student Award
Preise
2020 megaherz Student Award DOK.fest München
2020 Bester Dokumentarfilm Max Ophüls Preis
2020 Healthy Worplaces Award Doclisboa
Regie | Yulia Lokshina |
Drehbuch | Yulia Lokshina |
Kamera | Zeno Legner, Lilli Pongratz |
Schnitt | Urte Alfs, Yulia Lokshina |
Ton | Yulia Lokshina, Andrew Mottl |
Musik | Salewski |
Produzent | Isabelle Bertolone, Marius Ehlayil |